Sonntag, 19. Dezember 2021

Bienen aktuell: Der kombinierte Wildbau (V) - Gesamtfazit

Als vorläufiger Abschluss dieser Reihe soll nunmehr -nach Durchlaufen eines kompletten Bienenjahres- ein Fazit gezogen werden. Im Einzelnen werden hierbei verschiedene Aspekte betrachtet, etwa Komplexität, Ergebnisse bezüglich Schwarmverhalten und Honigernte, sowie Zeitaufwand. Um das vergleichen zu können, benötigt man natürlich eine Vergleichsgrundlage. 😐 Diese ist die vorher praktizierte 'Standardmethode', d.h. normale Imkerei auf zwei Bruträumen.

Im Folgenden sollen hier die Vergleiche in verschiedene Bereiche unterteilt werden, denn nicht jeder Bereich ist für jeden Imker gleich wichtig. Während für Manche die Honigproduktion im Vordergrund steht, spezialisieren sich Andere auf Wachs oder Zucht. Soviel sei vorweggenommmen: man kann im Prinzip sagen, dass je nach Schwerpunkt der kombinierte Wildbau als Methode nützlicher oder weniger nützlich ist.

Die Natur-Brutwaben des unteren Brutraumes sind sehr dunkel
(1) Allgemein

Die deutlich geringere Arbeitszeit -speziell während der Schwarmsaison- ist sicher eines der stärksten Argumente für die Methode. Während man bei der normalen Betriebsweise jede Woche den Brutraum gründlich kontrollieren muss, reicht beim kombinierten Wildbau ein gelegentlicher Blick in den Honigraum. Das muss nicht fix zeitabhängig sein (also z.B. wöchentlich), sondern wetterabhängig geht auch.

In der Folge werden die Bienen deutlich weniger gestört, und das Leben der Königin wird nicht riskiert. Wir konnten im letzten Jahr (2020) bis weit in den Juli hinein ohne Schutzausrüstung und Smoker (!) arbeiten, weil die Bienen so ruhig waren.

Eine weitere Kontrolle, z.B. nach Ausbau von Drohnenwaben, Drohnenschnitt, Zustand/Zeichnung der Königin usw. ist nicht vorgesehen. Man kann das allerdings vorbereiten, indem Oberträger bzw. Anfangsstreifen in den untergestellten zweiten Brutraum gegeben werden. Das ist allerdings vom Arbeitsaufwand vergleichbar mit dem Einlöten von Mittelwänden.

Das Thema Wabenhygiene erübrigt sich in der Folge ebenfalls teilweise selbst: man muss ja nur noch in der oberen Brutzarge Rähmchen tauschen, die meist stark bebrüteten und entsprechend dunklen Brutwaben des unteren Raumes werden immer komplett eingeschmolzen. In dem Bild oben sieht man das sehr gut, es wurde aber ohne Oberträger gearbeitet, die Bienen bauten direkt unter den Rähmchen des oberen Brutraumes an.

(2) Schwärme

Die Bienen am Stand sind alle Landrasse und haben in den Vorjahren (bis auf eine Ausnahme) trotz Kontrollen und Brechen der Weiselzellen stets geschwärmt bzw. es versucht. Die Schwarmstatistik für die Methode 'Kombnierter Wildbau' sieht nach der zweiten Schwarmsaison wie folgt aus:

Saison 2020, 1 Stock, kein Schwarm. 👍👍👍

Saison 2021, 3 Stöcke, alle schwärmten ab - 2 Stöcke sogar zweimal. 💣💣💣

Unglaublich. 😲 Kontrollen auf Weiselzellen etc. fanden wie gewollt nicht statt, lediglich die Honigräume wurden nach Wetterlage gelegentlich angesehen. Dies war in der Saison 2021 natürlich auch dem bis in den Mai sehr kühlen Wetter geschuldet, denn es musste deswegen untypischerweise sehr lange auch der Futterstand geprüft werden.

Wir haben entgegen der originalen Vorgehensweise im Winter 2020/2021 nicht nur mittelstarke Völker, sondern auch ein sehr starkes Volk in den kombinierten Wildbau geführt. Dieser war es auch, der dann als erstes abschwärmte - genau wie all die Jahre zuvor, trotz seinerzeit entsprechender konventioneller Bemühungen, dies zu verhindern. Aber immerhin war der Arbeitsaufwand vor dem Schwarm diesmal gleich null. 😈

Dass allerdings auch die anderen Völker in Schwarmstimmung kamen, spricht nicht für das Verfahren. Eine Beobachtung war vorher, dass der Bautrieb 2021 generell bei allen Völkern deutlich geringer war als 2020. Der Grund dafür ist bisher unbekannt. Es besteht aber die Möglichkeit, dass die Verwendung von Oberträgern im zweiten Jahr einen Einfluss hatte. Leider lässt sich das nicht vergleichen.

(3) Honig

Ein Minuspunkt ist natürlich, dass im Frühjahr weniger Honig produziert wird. Die Bienen wandeln eingetragenen Nektar direkt in Wachs um, sodass der Imker diesen Anteil nie zu sehen bekommt. Und das, obwohl die Völker durchaus sehr stark sein können. Dank des Wetters (während der Obstblüte war es zu kalt zum Fliegen) war dieses Jahr aber sowieso nicht viel zu holen. Darum ist der Vergleich schwierig. 😕

Im Sommer merkt man davon nichts mehr, die Bautätigkeit im Brutraum ist dann natürlich überwiegend abgeschlossen. Die Erntemenge war insgesamt 2020 überdurchschnittlich, 2021 dagegen sehr schlecht - aber das war ein flächendeckendes Problem hier.

(4) Wachs

Hier ist das Ergebnis eindeutig: es wurde 2020 wesentlich und 2021 etwas mehr Wachs produziert als zuvor. Kein Wunder, denn der untere Brutraum wird ja komplett neu gebaut und ebenso komplett am Ende der Saison abgeräumt. Diese Mehrproduktion geht aber natürlich zu Lasten des Honigs. Es gibt bisher keine belastbaren Zahlen, aber für jedes Kilo Wachs dürften etwa 5-8 Kilo (in der Literatur ist sogar von bis zu 13 kg die Rede) Nektar verwendet werden.

Schlecht ist das allerdings nicht, vor allem wegen der mittlerweile stark gestiegenen Wachspreise. Wir füttern im Winter mit Sirup nach Vorschrift (14 kg/Volk) ein. Selbst in einem so ungünstigen Winter wie 2020/2021 mit Kälte bis minus 18 Grad und fast ohne Trachtwetter bis tief in den Mai war noch genug übrig für Wabenbau. Wir mussten auch dieses Jahr nicht notfüttern.

(5) Zucht

Wer in diese Richtung geht, müsste auf jeden Fall mit Oberträgern arbeiten. Ablegerbildung, Königin suchen und zeichnen sind dann genau wie in der normal bestückten Beute möglich. Die Kontrolle der Drohnenmenge ebenfalls, denn der Auf- und Ausbau von Drohnenzellen erfolgt fast ausschliesslich im unteren (Wildbau-)Teil.

Wir bisher allerdings keine Drohnenzellen geschnitten, weswegen hier keine eigenen Erfahrungswerte angeboten werden können.

(6) Varroa

Das dürfte angesichts der zahlreichen Schwärme dieses Jahr kein grosses Thema werden, es sind schwarmbedingt alle Völker in Brutpause gegangen. Somit ist die Varroabelastung direkt am Ende der Saison zunächst erwartbar geringer, das Zeitfenster zur Behandlung länger.

Der Einsatz von Ameisen- und Oxalsäure unterscheidet sich generell nicht von dem in anderen Betriebsweisen. Das Drohnenschneiden ist wie erwähnt bei Verwendung von Oberträgern möglich, allerdings tendieren die Bienen dazu, deutlich mehr Drohnenzellen anzulegen. Die Kontrolle wäre daher etwas aufwändiger und nicht so schematisch wie bei Nutzung von Drohnenrahmen.

Fazit:

Ohne eine Schwarmkontrolle per Durchsicht scheint es nicht immer zu funktionieren. In der durchgeführten  Form ist das Projekt für uns als gescheitert anzusehen. Es ist Klasse, so ruhige Bienen und zumindest in der Anfangszeit auch nicht verkehrt, mal etwas mehr Wachs zu haben. Im Gegensatz zum ersten Jahr schlug das Verfahren aber diesmal (im zweiten Jahr) überhaupt nicht an.

Ansonsten bleibt als mögliche Fehlerquelle nur, dass anstelle des totalen Naturbaus die Lösung mit Oberträgern gewählt wurde. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist schwer einzuschätzen, sodass die Methodik in 2020 vielleicht nur zufällig funktioniert hat. Fakt ist aber auch: 2021 war (wohl nicht nur hier am Ort) schon ein sehr extremes Schwarmjahr. 

Wir werden es wahrscheinlich nächstes Jahr ausschliesslich mit mittelstarken Völkern und ohne Oberträger erneut versuchen. Starke Völker dagegen werden dann wieder konventionell geführt. Mal sehen, ob das dann zu besseren Ergebnissen führt.


Links:

Kombinierter Wildbau Teil I: Link
Kombinierter Wildbau Teil II: Link
Kombinierter Wildbau Teil III: Link
Kombinierter Wildbau Teil IV: Link

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