Kleine Wachskunde und Wachskreislauf

Die Problematiken, die sich aus dem Honigbedarf Deutschlands, dem Import und dem internationalen Handel mit Honig ergeben, werden hier an anderer Stelle diskutiert (Link). Honig ist eines der meistgefälschten Lebensmittel der Welt. Das Problem ist aber nicht nur auf den Honig reduziert, sondern betrifft auch den anderen wesentlichen Grundstoff der Imkerei, das Wachs. 😒

Wachs wird seit mehreren 100 Jahren (!) produziert und gehandelt, angeblich verdienten schon die Tempelritter Geld damit. Heute wie damals kennen es die meisten Menschen nur in Kerzenform (doch selbst die werden angesichts des LED-Booms auf Weihnachtsbäumen gefühlt immer weniger). Diese Kerzen sind allerdings normalerweise nicht aus Bienenwachs, sondern ganz oder teilweise aus Stearin oder Paraffin (Link Wikipedia). Oft werden aber auch Kerzen aus Mischungen angeboten, die dann Bezeichnungen wie 'mit Bienenwachs' tragen. Es gibt übrigens auch Anbieter, die ganz dreist 'Bienenwachskerzen' auf die Packung schreiben und im Kleingedruckten steht dann so etwas wie 'mit 50% Bienenwachsanteil'.

Hierdurch kann man erkennen, dass auch Wachs als Naturprodukt -d.h. als Bienenwachs- wertvoller ist als die Industrieprodukte Stearin und Paraffin. Demzufolge ist es keine Überraschung, dass auch Bienenwachs gefälscht bzw. gestreckt wird. Und wie beim Honig ist die Fälschung auch beim Wachs teilweise nicht leicht zu entdecken. 😕

Der Imker steht an dieser Stelle vor einem Problem, denn vor allem in der Anfangszeit muss er Wachs zukaufen. Der Zusammenhang ergibt sich wie folgt: wenn ein Bienenvolk neu startet (normalerweise als Ableger), dann stellt der Imker den Bienen eine Wohnung zur Verfügung, die Beute. Diese enthält einige Rahmen (Zahl differiert je nach System und Grösse), die die Bienen dann ausbauen. Für diesen Ausbau müssen sie Wachs produzieren. Dabei wandeln sie im Wesentlichen Zucker in Wachs um, d.h. sie verbrauchen Honig oder Nektar. Der Verbrauch ist dabei beträchtlich; die Zahlen schwanken, aber man kann von 4-10 kg Zucker ausgehen, die für 1 kg Wachs benötigt werden (Link).

Logischerweise ist der Imker bestrebt, diesen Aufwand zu reduzieren. Darum stellt er den Bienen normalerweise sogenannte 'Mittelwände' zur Verfügung. Das sind Wachsplatten mit einem aufgeprägten Wabenmuster, die er fertig im Imkereibedarf zukauft. Die folgende Rechnung soll die Grössenordnung für eine Zarge (das ist ein 'Stockwerk' einer mehrstöckigen Beute) im Deutsch Normalmass DNM verdeutlichen:
- 1 Zarge = 11 Rahmen
- 1 Rahmen = ca. 66g Wachs
- 1 Zarge = 66x11 = 726g Wachs

Unterstellt man einen Faktor 5, dann würden die Bienen ca. 3,6 kg Futter (0,726 x5 kg Honig oder Nektar) für die Herstellung benötigen, wenn der Imker die Platten nicht zur Verfügung stellen würde. Die fehlen dann am Ende in der Ernte. 👆Wenn man jetzt noch berücksichtigt, dass in diesem Beispiel zweizargig geimkert wird und mindestens eine Honigzarge über die beiden Brutzargen kommt, ergibt sich logischerweise für dann 33 Rahmen die dreifache Menge - das sind über 2 kg Wachs und somit mehr als 10 kg Honig. Pro Volk und Ernte. Man kann natürlich absichtlich darauf verzichten und die Bienen im Naturbau arbeiten lassen. Und es gibt durchaus Imker, die das so machen. Man muss sich nur über die Konsequenzen bzw. Zahlen im Klaren sein. Neben dem Geld betrifft das auch die Zeit. Reine Naturbauwaben können nämlich nicht immer geschleudert werden, weil sie instabiler sind. Das ist dann mit viel mehr händischer Arbeit durch Pressen verbunden. Presshonig ist darum viel teurer, man sieht das z.B. auch bei Heidehonig, der wegen seiner Konsistenz generell nicht geschleudert werden kann. 😲

Damit stellt sich für den Imker die Frage der Beschaffung. Man bekommt passende Wachsplatten in Kilo-Paketen beim Imkerhandel und (bei grösseren Mengen) auch bei spezialisierten Umarbeitern. Und damit kommen wir zum Problem: diese Pakete kosten den Imker zurzeit (Ende 2023) etwa € 25,00. Zum Vergleich: wer Stearin zum Kerzengiessen kaufen möchte, bekommt das Kilo ab etwa € 5,00 - also einem Fünftel des Preises.



 

Der Imker selbst wird niemals wissentlich Ersatzprodukte einsetzen. Untersuchungen haben schon seit langem nachgewiesen, dass selbst geringe Beimischungen zum Bienenwachs schädlich für die Völker sind. Löcher in den Brutnestern, schlechte Entwicklung der Völker und natürlich entsprechend schlechte Honigernten sind die Folge (Link). Leider führt die Preisdifferenz aber dazu, dass Wachs gerne mal gestreckt und somit verseuchte Platten unwissentlich eingesetzt werden. Was man als Imker leider oft zu spät merkt, denn man kann das nur durch eine Laboranalyse erkennen.

Wie man sieht, ist Wachskauf Vertrauenssache (Link). Auch in Deutschland sind schon Leute wegen der Fälschung von Wachs wegen Betruges verurteilt worden, auch wenn wie hier das gepanschte Wachs (Überraschung...) aus China stammte (Link). 😠 Somit lautet die Frage für den Imker: wie kann ich dieses Problem umgehen?

Die Antwort lautet: mit dem Wachskreislauf. Dieser sieht im Vollausbau so aus: alte Waben werden ausgeschmolzen, das Wachs geklärt und mit dem geklärten Wachs neue Mittelwände gepresst oder gegossen. Somit hat der Imker die volle Kontrolle über die Herkunft des Wachses. Besonders der letzte Schritt ist aber für Kleinimker etwas problematisch, man benötigt eine spezielle Wachspresse und eine Art Wachsküche. Und das Ganze ist sehr arbeitsaufwändig. Deswegen verfolgen viele Kleinimker einen anderen Weg, eine Art 'Wachskreislauf light'. Sie schmelzen ihre Waben zwar aus, verarbeiten dann aber nicht selbst weiter, sondern tauschen um. Dazu gehen sie zum Imkerbedarf oder Umarbeiter ihres Vertrauens, geben das Schmelzwachs ab und tauschen es gegen Mittelwände desselben Gewichtes. Der Preis dafür beträgt etwa 20-25% vom normalen Kaufpreis der Wände, weil nur die Umarbeitung bezahlt werden muss. Auch hier muss man dem Umarbeiter und seinen Lieferanten (!) trauen.

Wer mehr als zurzeit etwa 20-50 kg Wachs mitbringt, kann beim Umarbeiter direkt sein eigenes Wachs als Platten wieder mitnehmen. Aber für so eine Menge benötigt man schätzungsweise 30 Völker bzw. man muss das ausgeschmolzene Wachs über mehrere Perioden sammeln. Bei 2-4 Völkern ohne Naturbau fallen vielleicht 3-4 kg pro Jahr an, das ist zu wenig. Und über 5 Jahre Sammeln bedeutet auch, dass man in der Zwischenzeit zukaufen muss; rechnerisch wären das etwa € 400. Somit ist das nur für wenige Hobbyimker eine wirkliche Option.