Donnerstag, 19. November 2020

Bienen Philosophie: Stille Umweiselung

Die meisten Imker wollen ihre Völker 'aktiv führen'. Das heisst sie geben -natürlich im Rahmen der jeweiligen Umgebungsbedingungen- vor, wie die Bienen sich verhalten sollen. Das  läuft nicht anders als z.B. bei Kühen. Morgens wird auf die Wiese getrieben, abends wieder zurück und dann melken im Stall. Oder so. Bei Bienen ist das ähnlich. Der Imker möchte, dass die Bienen fleissig Nektar einbringen, diesen zügig trocknen und möglichst wenig davon selbst konsumieren. Sie sollen friedlich sein, möglichst nicht schwärmen und die Königin soll ordentlich legen.

Allerdings lassen sich Bienen von derartigen Vorschriften nicht abhalten, irgendwelche Sachen zu machen, die ihnen besser in den Kram passen als dem Imker. Manchmal ist der Imker überrascht, manchmal genervt und manchmal merkt er gar nichts von dem 'Verstoss'. 😈 Einer dieser Situationen ist die so genannte 'stille Umweiselung'.

In manchen Fällen versuchen die Imker, den Bienen eine bestimmte Königin beizugeben. Dass heisst, die Königin stammt nicht aus dem Volk, sondern aus der Zucht eines anderen Volkes. Man kann solche Zuchtköniginnen auch kaufen, manche als sogenannte 'Reinzuchtkönigin', andere als normale Züchtung ohne besondere Begutachtung oder Stammbaum. Einige Imker ziehen sich selbst Königinnen aus Völkern nach, die sie z.B. als besonders friedfertig oder ertragsstark erlebt haben. Werden Königinnen auf diese Weise vom Imker ersetzt, heisst das dann 'Umweiselung'.

Es gibt aber auch die Situation, dass das Bienenvolk selbst mit der Königin nicht zufrieden ist. Eine Königin kann ohne Eingriff des Imkers mehrere Jahre alt werden, aber ihre Legeleistung wird irgendwann nachlassen und ebenso ihre Pheromonproduktion, mit denen sie ihr Volk kontrolliert. Speziell wenn nun der Imker durch entsprechende Massnahmen einen Schwarm verhindert -mit dem die alte Königin normalerweise ausziehen und durch eine jüngere Version ersetzt würde- kann sich im Bienenvolk auch mal Unzufriedenheit breit machen. Für den erfahreneren Imker ist das schwer, für den Einsteiger praktisch gar nicht oder nur zufällig zu erkennen.😆

Der Ablauf ist etwa folgendermassen: die Bienen legen 'Weiselzellen' an, in denen eine neue Königin herangezogen werden kann und zwingen die alte Königin, diese zu bestiften (Eier hineinzulegen). Eine der schlüpfenden Jungköniginnen entscheidet am Ende den Kampf für sich, aber bei ihrem Schlupf verlässt die Altkönigin nicht den Stock (im Gegensatz zum Schwarm). Die Jungkönigin lässt sich begatten und fängt danach an, im Stock zu legen - neben der Altkönigin. Damit existieren manchmal für eine Zeit zwei Königinnen im Stock, ein sehr ungewöhnlicher (und kurzlebiger) Zustand! 💥

Die Bienen sehen sich das erst einmal in Ruhe an - das neue Modell soll ja besser sein als das Alte. Dann folgt die Abwahl: sobald die neue Königin ihre Tauglichkeit unter Beweis gestellt hat, wird die alte Königin getötet. 💣Umgekehrt ist es natürlich auch möglich, dass die Bienen die neue Königin wiegen und als zu leicht befinden. Dann wird diese hinauskomplimentiert, neue Nachschaffungszellen angelegt und das Spiel geht von vorne los.

Damit hätte die Altkönigin aber letztlich natürlich nur eine Galgenfrist gewonnen. Aus Sicht der Natur sicherlich ein vernünftiges Verfahren, mit dem sichergestellt wird, dass am Ende eine leistungsfähige Königin gewinnt. Man sieht: Bienen sind sehr effizient, aber menschliche Eigenschaften wie Nachsicht oder Toleranz gehören nun einmal nicht zu ihren Kernkompetenzen. Nicht die einzelne Biene, nicht die Königin: das Volk muss überleben.

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