Freitag, 31. Juli 2020

Projekt: Honigschleuder

Irgendwann kommt der Punkt, an dem man sich entscheiden muss. Man kann ja nicht ewig seinem Imkerpaten zur Erntezeit mit Wünschen nach Zeiten an dessen Schleuder auf den Wecker fallen. Dann und wann denkt man natürlich schon vorher über eine Honigschleuder nach. Aber es geht ja auch so. Und man braucht einen sauberen Raum. Und die Anschaffungskosten. Und was für ein Modell überhaupt. Und das Endeckelungsgeschirr dazu. 😅

Und so geht die Zeit ins Land. Mit der Konstruktion des Entdeckelungsgeschirrs (Link) kam die Sache dann allerdings im dritten Jahr doch ins Rollen. Danach waren noch zwei Entscheidungen fällig:
1) Wo? Einfach für den Stadtimker ohne einen passenden Raum oder extra Gebäude: die Küche.
2) Wie? Na klar: möglichst billig.

Bei Punkt 1) muss man sich schon mal drüber klar sein, dass das Schleudern eine recht klebrige Angelegenheit ist. Und mit dem Putzen hinterher darf man nicht warten - wenn sich Wachs, Honig und Propolis erstmal festsetzen, kann das sehr unlustig werden. Und Punkt 2)... da hilft das Internet und all die chinesischen Freunde, die man dort hat, sobald man Geld ausgeben möchte.
Also wurde recherchiert. Gründlich und lange. Auf der Apimondia hatten wir schon mal ein sehr kompaktes Modell aus Kunststoff gesehen. Etwas Ähnliches sollte es sein, denn logischerweise musste die Schleuder -ausser dem Preis- zwei wesentliche Kriterien erfüllen: 'klein' und 'leicht'. 👆

Der Stadtimker hat nur wenig (Stau)Raum und muss bei der Ernte die Schleuder hin- und hertragen, da diese selbst keinen eigenen (Schleuder)Raum hat. Um dahin zu kommen, war die Entscheidung zugunsten von Kunststoff gegenüber Edelstahl praktisch zwingend - ebenso wie die zugunsten einer 2-Waben-Schleuder. Schleudern aus Kunststoff für 3 Waben sind zwar zu bekommen, werden dann aber schon um einiges grösser und auch teurer.

Aus Erfahrung konnte aber schon die Aussage getroffen werden, dass eigentlich eine Schleuder für 2 Waben besser ist als für 4. Grund ist die Arbeitsteilung: eine Person entdeckelt, eine schleudert. Bei einem Satz von 4 auf einmal entstehen an der Schleuder Wartezeiten, das Entdeckeln mit der Gabel nimmt einfach etwas mehr Zeit in Anspruch. Diese Wartezeiten lassen sich verringern.

Die Recherchen führten schliesslich zu einem entsprechenden Modell für sage und schreibe €66,33. Der (natürlich chinesische) Lieferant hatte schon dazugelernt und so betrug die Lieferzeit aus einem deutschen Lager nur 4 Arbeitstage. Die Freude über die Ankunft wurde allerdings sogleich etwas getrübt: bedingt durch (vermutlich) einen Transportschaden war ein Teil des Hebels des Quetschhahnes abgebrochen. Ausserdem war erstmal eine Grundreinigung erforderlich.

Wie heisst es so schön: eine Tür geht zu, eine andere öffnet sich. Die Gelegenheit, die ganze Maschine gleich mal auseinanderzunehmen. 😁 Das war eine recht überschaubare Arbeit und in etwa 10 Minuten erledigt. Hier die Übersicht über die Teile - aller Teile wohlgemerkt:

Danach war es sehr einfach, die Tonne und auch Korb und Getriebe sauber zu bekommen. Die Tonne musste entstaubt und teilweise noch etwas entgratet werden; irgendwo muss man beim dem Preis einen Kompromiss machen. Ausserdem (hier nicht im Bild) wurde der Hahn mit 2-Komponentenkleber repariert - die Chinesen hatten allerdings schon Kompensation angeboten. Das Angebot über €9 wurde dankend angenommen und trotz bereits erfolgreicher Reparatur ein neuer Hahn für €4 bestellt. Man weiss schliesslich nie. 😎 Gesamtpreis der Schleuder somit unschlagbare €61,33 inklusive Lieferung.

Nach Säuberung (länger als 10 Minuten 😓) und dem Zusammenbau -wiederum in etwa 10 Minuten- sah das Ganze dann schon einigermassen manierlich aus:

















Ein kleiner Probelauf mit Leerrahmen offenbarte folgende Punkte:
- Die Kurbel hat keinen Freilauf (nicht wirklich eine Überraschung).
- Die Übersetzung des Getriebes ist ganz passabel, der geringe Durchmesser und die dadurch im Gegensatz zu grösseren Schleudern geringeren Fliehkräfte werden durch schnelle Drehung eingermassen kompensiert.
- Die Schleuder ist trotz Leichtgewicht erstaunlich standsicher und rüttelt auch bei sehr schnellem Kurbeln wenig. Das ändert sich natürlich bei sehr schweren gefüllten Rahmen. Insbesondere, wenn die Gewichte in den beiden Körben sehr unterschiedlich sind. Aber das ist halt die Physik, bei anderen Schleudern ist das Verhalten genauso.

Kein Wunderwerk an Technik und Finesse also, aber dafür an Einfachheit. Am Ende stellten sich nur noch zwei Fragen:

1) Welche Unterlage kommt in Frage?
Der Auslass einer Schleuder muss so hoch stehen, dass ein Eimer (in diesem Fall für 12,5 kg) darunter passt. Schleudern aus Edelstahl für den Hobbybereich haben darum ein Gestell (meist aus 3 Beinen) der entsprechenden Höhe. Einfache Schleudern aus Kunststoff haben diese nicht. Also braucht man eine passende, möglichst rutschsichere Unterlage oder eine Haltevorrichtung.

2) Wie kann ich die Schleuder zum Ablaufen schräg stellen?
Schleudern haben innen einen konischen Boden (etwa wie eine Sektflasche). Der Grund ist, dass die Mechanik im Innern -insbesondere die untere Auflage der senkrecht stehenden Drehstange- nicht mit dem Honig in Berührung kommen darf. Zudem ist es nicht möglich, den Auslass am tiefsten Punkt anzubringen, weil dieser von innen verschraubt werden muss und die Mutter etwas Platz braucht. Dadurch verbleibt immer ein Rest Honig in der Schleuder.
 
Bei den grösseren Brüdern aus Edelstahl wird daher meist das dem Auslass gegenüberliegende Bein auf eine kleine Unterlage (z.B. einen Holzklotz) gestellt. Dadurch können Reste ablaufen. Ein Gestell wäre in diesem Fall ein eigenes Bastelprojekt. Vielleicht später... 😅 Am besten wäre natürlich die Nutzung des selbstgebauten Abfüllknechtes (Link) gewesen, aber der passt nicht, weil er für liegende Eimer gedacht ist.

Wie diese Anforderungen gelöst werden, wird vielleicht später hier berichtet.

Erste Erweiterung für Halbrahmen: Link
Kurze Vorführung der Schleuder als Video (YouTube): Link 
Alle Bastelprojekte in diesem Blog in der Übersicht: Link

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