Mittwoch, 25. August 2021

Honig - ein einfaches Produkt?

Zum Thema Honig hat der Gesetzgeber eine ziemlich eindeutige Meinung: Honig ist ein Produkt, das naturbelassen ist, dem nichts hinzugefügt und nichts entzogen und das auch nicht behandelt wurde. Ein Verstoss gegen eine oder mehrerer dieser Regeln verhindert nicht grundsätzlich den Verkauf. Aber man darf das Ergebnis nicht mehr als 'Honig' bezeichnen. Technisch gilt Honig somit übrigens als Rohkost, weswegen man es z.B. nicht an Kleinkinder geben sollte - aber das nur nebenbei. Der Punkt ist, dass im Lauf der Zeit immer wieder Versuche unternommen wurden, diese -an sich sehr einfachen und eindeutigen- Regeln zu dehnen, zu unterwandern oder zu brechen. 😧

Wie bei anderen Lebensmitteln auch besteht das Problem darin, dass für den Verbraucher diese Regelbeugungen oder -verstösse nur sehr schwer zu erkennen sind. Viele lassen sich nur mit einer Laborausrüstung aufdecken, die ausser grossen Abfüllern niemand hat (auch die für Lebensmittelkontrolle zuständigen Ämter geben derartige Aufträge an Drittfirmen). Trotzdem soll hier einmal ausgeführt werden, welche Sachen speziell mit Importhonig angestellt werden. Imkerhonig aus Deutschland ist normalerweise nicht betroffen, denn hier wird -im Gegensatz zu fast allen anderen Ländern- der meiste Honig von Hobbyproduzenten (weniger als 30 Völker) erzeugt. In dieser Grössenordnung ist die Anschaffung gewisser Ausrüstungen schon preislich ausserhalb jeder Diskussion. Aber um welche Regeln geht es eigentlich? Und was passiert, wenn dagegen verstossen wird? 😞

(1) Trocknen

Eine erste Herausforderung ist immer die Trocknung des Honigs. Das machen die Bienen selber, indem sie den Honig mit ihren Flügeln trocken fächeln. Das dauert seine Zeit - schleudern könnte man schon früher, aber der Gesetzgeber schreibt in der Honigverordnung maximal 20% Wassergehalt im Honig vor. Der Deutsche Imker Bund ist sogar bei 18%; danach arbeiten fast alle Imker in Deutschland, auch die nicht im DIB organisierten. Grund: ist der Honig zu feucht, könnte er anfangen zu gären. 👆 Den Wassergehalt kann auch der Hobbyimker mit einem günstigen Refraktometer problemlos selbst feststellen.

Nun kann man auch den unverdeckelten, meistens etwas feuchteren Honig ausschleudern - und diesen dann in eine Trocknungsmaschine packen. Das ist mit weniger Arbeit verbunden (man muss nicht aufwändig entdeckeln) und nicht grundsätzlich verboten - nur darf man das Produkt hinterher nicht mehr als 'Honig' deklarieren! Nicht in allen Ländern scheren sich die Imker bzw. Exporteure darum, wie so oft ist auch hier China schon öfter auffällig geworden. Dort ist die Trocknung per Maschine im Prinzip Standard - aber eben nur im Labor nachzuweisen. Auch in Europa werden entsprechende Maschinen vertrieben, Italien ist hier führend. In Deutschland wird man so etwas aber kaum finden - 99% der Imker hier betreiben das als Hobby und für diesen Bereich sind derartige Spezialmaschinen viel zu teuer.

(2) Strecken / Panschen

Um als Honig deklariert werden zu dürfen, darf dem Produkt nichts hinzugefügt und nichts entnommen werden. Es muss praktisch so abgefüllt werden, wie es aus den Waben kommt. Hier gibt es also mindestens zwei Einfallstore: die Beeinflussung dessen, was in den Waben gelagert wird und die Nachbehandlung. 😦

Strecken von Honig kann auf zwei Arten erfolgen: indem man vor der Ernte den Bienen Zuckerwasser oder einen anderen Nektarersatz gibt und das Ergebnis nach der Einlagerung durch die Bienen ausschleudert. Diese Art des Panschens ist aber recht leicht nachzuweisen und daher nicht verbreitet.

Die meisten Panscher kommen aus China und haben sich auf das Strecken verlegt, indem der Honig zu mehr als 50% durch Reisstärke oder -Sirup ersetzt wird. Einen Teil echten Honig müssen sie drinlassen, weil der fehlende Pollen die Panscherei sonst zu leicht verraten würde.

In China werden für den Export ganz offiziell zwei Qualitäten gehandelt: die den einfachen Test besteht und -zum mehr als doppelten Preis- die auch komplexere Tests besteht. Also die Art Tests, die beim Import in der EU zur Kontrolle eingesetzt werden. Zumindest meistens. 😓

Als Honigkäufer kann man derartigen Honig eigentlich nur am Preis erkennen. Faustregel: wenn die 500g-Packung €2,99 kostet, beträgt die Wahrscheinlichkeit für Chinaware 299%. 😈

(3) Hocherhitzen und Pollenentzug

Damit zur Nachbehandlung. Hier gibt es die Möglichkeit des Pollenentzuges als Ausnahme von der Regel des 'Nichtentfernens'. Dies hat aus Sicht des Produzenten den Vorteil, dass es wesentlich länger dauert, bis der Honig kristallisiert, weil die Zuckerkristalle nicht an Pollen andocken können. Dadurch können die Transport- und Lagerzeiten (auch die beim Kunden) wesentlich verlängert werden, der Honig bleibt länger flüssig. Und man kann ihn in Plastikflaschen verkaufen, was sonst nicht möglich wäre: das Wiedererverflüssigen von Honig nach der Kristallisation in Plastikverpackungen durch Erwärmung ist lebensmitteltechnisch bedenklich. Bei deutschem Honig passiert das normalerweise nicht, kein Hobbyimker (und auch nicht die meisten Berufsimker) können sich derartige Anlagen leisten. Man findet sie daher nur bei Grossabfüllern. 😞 Die sind auch normalerweise die einzigen, die diese Art Verpackung verwenden.

Hier gibt es übrigens noch ein Gebiet, auf dem etwas Forschung sicher nützlich wäre: Allergien. Echter Honig enthält Pollen, deutscher Honig logischerweise den von hier vorkommenden Pflanzen. Somit wird der Körper bei Genuss von diesem Honig eher an einheimische Pollen gewöhnt sein. Bei Honig aus China, der Ukraine oder Mexiko dagegen nicht. Es gibt bisher keine wirklich haltbaren Untersuchungen zu diesem Thema, aber ein Zusammenhang mit den immer zahlreicher werdenden Allergien ist zumindest nicht auszuschliessen.

Was das Hocherhitzen angeht, führt auch dieses dazu, dass der Honig wesentlich länger flüssig bleibt. Allerdings macht das kein deutscher Imker, denn bei über 40 Grad ist Schluss mit den Proteinen, die eigentlich das Gute im Honig darstellen. Wenn ein Honig also kristallisiert, ist das ein Zeichen der Echtheit. 😎 

(4) Mischen

Mischen verschiedener Honige ist prinzipiell immer erlaubt. Sehr verbreitet ist es bei den Abfüllern, denn diese stellen standardisierte Produkte zur Verfügung. Wer gerne ein bekanntes Produkt von Langnase in der Plastikflasche kauft, erwartet, dass es unabhängig von Jahr, Kaufdatum oder -ort immer gleich aussieht und schmeckt. 👆 Weil aber die Bienen in aller Welt -wo auch immer der Abfüller kauft- sammeln wo und was sie wollen, müssen die Abfüller immer wieder aufs Neue mischen.

Der deutsche Imker tut das eher selten. Es ist auch nicht nötig, weil den meisten Kunden bewusst ist, dass Imkerhonig eben kein standardisiertes Industrieprodukt sein kann (und auch nicht sein will). Die Konsequenz ist natürlich, dass dieser Honig jede Saison anders aussieht und/oder schmeckt.

(5) Und 'Produkte mit Honig'?

Derer gibt es einige. Und wie man erkennen kann, soll die Erwähnung eine Art 'Gütesiegel' darstellen. Was natürlich totaler Quatsch ist. Zum einen ist da der Anteil am Produkt. Ein Blick auf die Inhaltsliste auf der Verpackung reicht normalerweise, Honig erscheint da immer sehr weit hinten, oft mit kaum 1-4% Anteil. 😯Das ist aber nicht alles: der Inhalt ist normalerweise entweder Importware oder der so genannte 'Backhonig'. Hier handelt es sich (meistens) um echten, aber nicht mehr verkehrsfähigen Honig, z.B. weil er teilvergoren ist (zu feucht) oder wegen Phasentrennung. Die Hersteller zahlen dem Imker dafür nur Bruchteile des normalen Preises, wodurch dieser Honig konkurrenzfähig ist mit Importware. Der Imker selbst hat dafür -ausser vielleicht die Metproduktion oder für Pflegeprodukte- normalerweise keine andere Verwendung mehr, sodass alternativ nur die Entsorgung bliebe.

Wie man sieht: einfach ist alles nicht unbedingt. Und wer noch tiefer einsteigen will, für den gibt es hier noch die Serie 'Kleine Honigkunde' (Link). Da kann man dann einiges nachlesen über Kristallisation, Erwärmen, Impfen, Rühren, Sortenhonige und weitere Hintergrundinformationen.

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