Sonntag, 29. Dezember 2019

Honig: Marketing

Früher oder später kommt für alle, die lange genug durchhalten der Zeitpunkt der Ernte. Irgendwann ist mann dann mit Abfüllen fertig. Und spätestens dann stellt sich die Frage: und wie bekomme ich das alles jetzt verkauft?

Gute Frage! Zu dem Zeitpunkt etwas spät gestellt, aber trotzdem eine gute Frage 😮. Und ausserdem eine gute Nachricht vorweg: weil Deutschland nur etwa ein Viertel bis ein Drittel seines Honigbedarfes selbst produziert (Link), ist auf diesem Gebiet kein generelles Problem zu erwarten. Der Imker hat speziell am Anfang eher folgende Herausforderungen zu meistern:
- Bekanntheitsgrad: am Anfang kennt einen niemand.
- Einzugsgebiet: ist anfangs minimal.
- Verkaufstalent: ist nicht jedem gegeben. 😓
- Preis: Imkerhonig ist nicht der Billigste.

Wie lässt sich das auflösen? Speziell, wenn man noch nie mit Werbung, Marketing, Vertrieb oder ähnlichem Kontakt hatte?
Schon aus finanziellen Gründen (aber auch wegen der beschränkten Menge) dürfte für die meisten Leute offensichtliche Lösungen wie eine Werbeagentur oder grossformatige Anzeigen in der Zeitung nicht in Frage kommen. Wie also vorgehen?

Punkt 1): Bekannheitsgrad
Zuallererst der Klassiker: persönlicher Kontakt. Altmodisch? Quatsch, das kann man gar nicht hoch genug einschätzen. Die Leute, die Imkerhonig kaufen, möchten dies in der Regel im direkten, persönlichen Kontakt tun. Weil sie sehen wollen, wer der Produzent ist - ein wichtiger Unterschied zum importierten bzw. Abfüllerhonig. In der Regel bezahlen sie dafür auch etwas mehr.
Und wo? Überall, wo soziale Kontakte bestehen: Fussballverein, Kirchenchor, Tanzclub... und ja, auch am Arbeitsplatz! Ganz egal, jedes Netzwerk zählt.
Bienen sind immer ein schönes Thema, bei dem man über sein (übrigens anerkannt cooles 😊) Hobby reden kann. Die meisten Leute sind neugierig und heutzutage ist es kein Problem, ein paar passende Fotos auf dem Handy bereitzuhalten, die sagen 'hier wird er gemacht, der zweitbeste Honig der Welt'.
Mehr geht leider nicht, der Beste ist ja schon von uns... 😂 Es schadet übrigens auch nicht, bei derartigen Zusammenkünften was im Auto dabei zu haben - man weiss nie.

Punkt 2): Einzugsgebiet
Die einfachste und billigste Methode ist natürlich die, ein Schild vor die Tür zu hängen. Der Imkerfachhandel bietet entsprechende Schilder an. Wichtig ist, dass das Wort 'Imker' darin vorkommt. Es muss klar sein, dass es hier etwas Besonderes gibt.
Fast ebenso günstig ist eine Bekanntmachung im Internet. Die Eintragung in Suchmaschinen, Maps oder die Erstellung einer Seite wie dieser verlangt aber etwas Einarbeitungsaufwand, wenn man sich nicht schon auskennt. Soziale Medien sind in diesem Zusammenhang ebenfalls eine Option. Allerdings muss man aufpassen, dass der Zusammenhang mit der lokalen Produktion nicht verloren geht. Es sein denn natürlich, man will explizit Versender werden.
Eine weitere Methode ist demzufolge der Lieferdienst. Den kann man vor allem in Verbindung mit Netzwerken anbieten. Wer sowieso zur Arbeit, zum Sportplatz oder Sitzung des Schützenvereins fährt, kann als Service auch den Honig mitnehmen. Ein nicht zu unterschätzender Wettbewerbsvorteil.
Natürlich ist es auch möglich, das Verkaufsgebiet über Versand auszudehnen, etwa Kleinanzeigen. Das muss jeder selbst entscheiden, da kommen zusätzlich zu den lebensmittelrechtlichen noch Bestimmungen bezüglich Versandhandel dazu. Neben den üblichen Herausforderungen (Geldeinzug, Verlust, Bruch, spezielle Verpackung) kann die Mehrarbeit hier den möglichen zusätzlichen Profit schnell übersteigen. Plus: der persönliche Kontakt fehlt. Man kann darüber nachdenken, wenn z.B. ein Stammkunde umgezogen ist. Ansonsten sollte man damit nicht sofort anfangen.

Punkt 3) Verkaufstalent
Nicht jedem ist es gegeben, völlig Unbekannte zu fragen, ob sie Honig von einem kaufen wollen. Es ist grundsätzlich auch ein Direktvertrieb möglich, bei dem die Leute von sich aus kommen. Etwa mit einem Marktstand auf dem jährlichen Ökomarkt oder beim Basar des Sportvereines.
Aber selbst beim Verkauf an der Haustür kann man einiges machen. Infoblätter über die Herstellung, Honigrezepte, Tipps zur Aufbewahrung - ganz egal: Hauptsache der eigene Name und Kontaktdaten stehen mit auf dem Zettel. Und schliesslich kann man den Kunden womöglich noch die Besichtigung der Beuten anbieten. Manche finden das wirklich gut.
Auch passive Werbung im Internet (ohne Versandhandel bzw. Shop) ist an den richtigen Stellen eine Option. Also kein Verkauf, nur der Hinweis 'hier gibt es was'. So ähnlich wie das Schild vor der Haustür, nur moderner.
Und schliesslich haben die Kreativeren noch die Möglichkeit, ihre eigene Marke zu erfinden. Im Prinzip also die Arbeit einer Werbeagentur, ganz oder teilweise in Eigenleistung. Das Internet macht es möglich, z.B. mit selbst entworfenen Etiketten. Das kann man mit entsprechender Kreativität, Software und Einarbeitung hinbekommen.

Punkt 4) Preis
Das ist eine gern geführte Diskussion. "Wieso ist euer Honig so teuer?" Jeder, der eine Saison mit Bienen hinter sich hat, weiss die Antwort: "Er ist nicht teuer, sondern zu billig: meine Arbeit wird praktisch nicht bezahlt." 😡Auf dieses Spiel sollte man sich auf keinen Fall einlassen. Und noch weniger sollte man in Betracht ziehen, den Preis zu reduzieren, den man sich vorgenommen hat. Auch nicht für die Familie oder gute Freunde.
Das Argument dazu lautet korrekt: "Erwarten Sie wirklich, dass ein Einzelimker die Preise eines grossen Abfüllers wie Langnase oder eines Discounters wie Lidald unterbieten kann?"
Dazu kommt, dass die Preisspanne zwischen Import- und Imkerhonig nicht mehr so gross ist, zumindest bei den Honigen, bei denen die Qualität noch halbwegs stimmt, etwa aus der EU oder teilweise aus Mittelamerika.
Wer den Imkerhonig kauft, kauft bekommt ausserdem normalerweise nicht nur die Regeln des Lebensmittelrechts, sondern die strengeren DIB-Regeln. Und wer nur billig will, bekommt eben China. Das wird noch näher auf diesen Seiten hier beleuchtet.
Man kann sich auch immer gut an den Durchschnittspreisen orientieren, die der Imkerbund jährlich nach Umfragen veröffentlicht (Stand Sommer 2019 €5,54 für 500g). Preise unter €5 sind auf jeden Fall heute nicht mehr zeitgemäss.

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