Sonntag, 1. Dezember 2019

Bienen Administration: Finanz-Philosophie

[Bemerkung Ende 2023: alle genannten Preise sind gegenüber 2019 mittlerweile 20-40% höher]

 Wie es generell um die Frage der Finanzen beim Hobby-Kleinimker aussieht, wird mit einem Extrabeitrag näher beleuchtet. An dieser Stelle soll zunächst kurz betrachtet werden, was eigentlich die Gründe sind, warum bis zu einer gewissen Grössenordnung Imkerei wirklich ein Hobby ist und damit per Definition nicht profitabel ist bzw. sein kann.

Einen Wink bekommt man schon alleine durch die Einordnung des Finanzamtes, das generell alles bis zu 30 Völkern grundsätzlich als Liebhaberei einstuft. Weil völlig klar ist, damit ist kein Geld zu verdienen. Eine sehr einfache Rechnung soll das hier mal als Einstieg verdeutlichen:
- Anfangsausstattung für 2 Völker: ca. €500
- Honigertrag im ersten Jahr: 0€ 😧

Das ist schon mal der erste Punkt, den die meisten nicht sehen. Im ersten Jahr hat man noch kein Wirtschaftsvolk, sondern Ableger. Die liefern kaum oder gar keinen Honig. Und wenn doch, reicht das mit Glück vielleicht, um ihn bis zur ersten Erntesaison selbst zu essen.

In der zweiten Saison geht es dann los. Also, mal vorausgesetzt, man hat keine Fehler gemacht bei Fütterung, Varroabehandlung, Einwinterung, Auswinterung etc. Die Arbeit, die man hineingesteckt hat, war in Ordnung, die Völker leben also alle noch. Selbstverständlich ist das nicht! Dann kann man in der Stadt mit vielleicht 25 kg Honig pro Volk rechnen. Daraus ergibt sich:
2 Völker a 25 kg = 50 kg = 100 Gläser, verkauft zu €6/Glas ergibt €600 Rohertrag.

Klingt jetzt erstmal nicht so schlecht, schliesslich wurden ja 'nur' €500 im Vorjahr investiert.
Tja, nicht ganz:
- Zuallererst ein Refraktometer, man will ja nicht zu früh ernten.
- Dann brauche ich Eimer, Entdeckelungsgeschirr und Zugriff auf eine Schleuder.
- Die Schleuder muss übrigens in einem bienendichten, hygienisch einwandfreien Raum stehen!
Während sich das mit der Schleuder noch regeln lässt (Imkerpate, Verein...) muss der Rest nun gekauft werden.
- Die 100 Gläser mit Deckel müssen natürlich auch her.
- Dazu kommen noch die Etiketten... mit korrekter Beschriftung, MHD, Abfüller usw.
- Vielleicht noch ein zusätzliches Sieb.
- Der Honigschein ist nicht Pflicht, aber wegen der erforderlichen Kenntnisse des Lebensmittelrechts empfehlenswert, wenn man Honig in Verkehr bringt. 'In Verkehr' bringt man auch Honig, den man verschenkt!

Da sind dann schon mal locker wieder €100 weg. Bis hierhin hat man also -im Bestfall- keinen Verlust mit den Materialkosten.

Allerdings geht es jetzt zur Vermarktung, da folgen direkt ein paar Grundsatzentscheidungen:
- Soll schon direkt (klar-flüssig) was abgefüllt werden?
  -- Wenn ja, wieviel?
  -- Und zum Abfüllen ist eine (geeichte!) Waage sowie ein hygienisch einwandfreier, bienendichter Raum erforderlich.
- Was wird mit dem Rest?
  -- Impfen und danach rühren?
  -- Oder besser warten bis zum Einsetzen der Kristallisation?

Da es unwahrscheinlich ist, dass die gesamte Ernte sofort abgesetzt wird, bis die Kristallisation einsetzt, muss auch über ein Erwärmungsgerät nachgedacht werden. Das kostet dann natürlich auch wieder extra. Es ist günstig, vor Anschaffungen (gleich welcher Art) die Kosten dieser Anschaffung in 500g-Gläser Honig umzurechnen, die man dafür verkaufen muss. Die Aussage 'der Einkochtopf zur Wiedererwärmung kostet ja nur €50' wandelt sich dann zu 'ich muss für den Einkochtopf 8 Gläser Honig verkaufen'. Daran erkennt man, welche Arbeit konkret an die Anschaffung gebunden ist.

Man sieht: mit der ersten Ernte kommen nicht nur Einnahmen, sondern auch beträchtliche weitere Kosten. Und Arbeit. Mit 2-3 Beuten kommt man -rein finanziell betrachtet- praktisch nie wirklich auf einen grünen Zweig. Und wer mehr machen will, muss natürlich auch wieder erst investieren: mehr Beuten, mehr Rahmen, Wachs, irgendwann vielleicht eine Schleuder. Und natürlich: noch mehr Arbeit.

Zwar gibt es Skaleneffekte, das heisst: mit jedem Volk mehr steigen die anteiligen Kosten und die zusätzliche Arbeit unterproportional zu den erwarteten Mehreinnahmen durch Honig. Das betrifft den typischen Stadtimker allerdings nicht, der schon vom Platz her schnell an Grenzen stösst. Die Alternative besteht darin, Aussenplätze zu finden - wodurch allerdings durch die Fahrerei wieder zusätzliche Kosten und auch Zeitaufwände entstehen.

In dieser Grössenordnung lautet die Zusammenfassung also etwa: Imkerei im Minimassstab ist ein Hobby. Hobbies machen Arbeit (die sich überwiegend nicht so anfühlt) und kosten Geld (was einem egal ist). Aber immerhin finanziert sich dieses spezielle Hobby zumindest teilweise selbst. Wer sich das genauer ausrechnen möchte, kann auf die folgende Kalkulationstabelle (Excel) zurückgreifen und mit selbst eingetragenen Zahlen herumspielen: Link.

Somit sollte eines klar sein: Bienenhaltung ist Landwirtschaft und reich werden kann man damit nicht.

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