Bevor es aber an die Erklärung geht, muss erst einmal das Missverständnis aufgeklärt werden, das der Frage zugrunde liegt. Das besteht kurz gesagt darin, dass Zucker nicht gleich Zucker ist. Die Anteile sind innerhalb gewisser Grenzen variabel, aber grob gesagt besteht echter Honig zu etwa 1% aus Proteinen und Spurenelementen, zu etwa 15% aus Wasser und die 84% Rest sind... Zucker. genauer gesagt Fruktose, Glukose und Saccharose in wechselnden Anteilen. Insoweit lautet die Antwort auf die Frage oben "Ja, klar - was denn sonst?". Es dauerte aber einen Moment, bis wir verstanden, dass die Frage anders gemeint war. Nämlich: "Ist in Ihrem Honig Industriezucker drin?" Und hier ist die Antwort ein klares "Nein". Wie das zusammenpasst, soll hier erklärt werden.
Dazu muss man erst einmal den Zusammenhang kennen, wieso überhaupt Industriezucker im Bienenvolk landet und warum das unvermeidlich sein kann. Und warum das theoretisch keine Rolle spielen sollte. Also von vorne:
(1) Honigbienen produzieren den Honig nicht zum Spass. Sie gehen mit einem -wenn auch reduzierten- Volk durch den Winter. Damit haben sie fast ein Alleinstellungsmerkmal bei den staatenbildenden Fluginsekten: z.B. bei Wespen oder Hummeln überwintern nur die Königinnen, die jedes Jahr komplett neue Völker gründen. Im Winter gibt es aber keine Nektarquellen, also muss für diese Zeit ein Vorrat angelegt werden.
(2) Nun kommt aber der Imker und kassiert den mühsam angelegten Vorrat, um ihn in Gläser abzufüllen. Dies stellt nach der letzten Ernte (das kann je nach Standort z.B. die Linde sein, die Heide oder auch Tanne) ein ernsthaftes Problem dar. Damit also die Bienen nicht im Winter verhungern, muss man sie füttern.
(3) Hier kommt nun der Industriezucker ins Spiel. Der war jahrezehntelang die bevorzugte Option des Fütterns, wodurch er tatsächlich bis ins Volk gelangt. Wir sind übrigens schon vor ein paar Jahren auf Stärkesirup umgestiegen, aber das ist aus Sicht des Kunden unerheblich: es kommt ein Fremdstoff ins Volk, der theoretisch zur Verfälschung des Honigs führen könnte. Was genau der Grund für die Frage vom Anfang ist.
(4) Wie wird das also verhindert? Antwort: durch Massnahmen des Imkers. Die erste Massnahme ist eine zeitliche, nämlich die letzte Ernte abzuwarten. Danach folgt eine technische, die darin besteht, den Honigraum abzunehmen. Dadurch können die Bienen das Futter nur noch im Brutraum verstauen.
(5) Bis zum Frühjahr ist der Vorrat weitgehend oder völlig verbraucht und irgendwann setzt der Imker dann neuen Honigräume auf. Was die Bienen dort einräumen, ist dann praktisch unbeeinflusst von allem, was im letzten Jahr war.
Warum also die Frage? Klar ist: der Kunde muss sich darauf verlassen können, dass der Imker die Bienen nicht während der Saison -also noch vor der Ernte- füttert. Das würde dazu führen, dass das Futter im Honigraum landet und dort abgeschleudert würde. Das wäre dann auch kein Honig im Sinne des Gesetzes. Das der Frage zugrunde liegende Problem hat einen anderen Ursprung: Untersuchungen zufolge ist mittlerweile fast jedes Glas im Supermarkt von Panschereien betroffen. Somit übertragen Verbraucher ihre Sorge darüber auf (in diesem Fall unseren) Imkerhonig.
Der deutsche Systemaufbau ist hier aber eindeutig im Vorteil. Bei uns gibt es nur sehr, sehr wenige Vollerwerbsimker, bei denen der wirtschaftliche Druck zu derartigen Verzweiflungsmassnahmen führen könnten (und ich bin sicher, das macht hier auch keiner). Hobbyimker wie wir, die 90% oder mehr des deutschen Honigs liefern, verdienen kein Geld damit und unterliegen nicht diesem Zwang. Wir hätten praktisch keinen finanziellen Vorteil, dafür aber grosse Probleme, wenn wir erwischt werden. Was recht wahrscheinlich wäre, da wir bereits mehrmals kontrolliert wurden.
Links:
Verbraucherzentrale Niedersachsen: Importhonig gepanscht (Link)
ARD-Marktcheck: Gepanschter Honig aus dem Supermarkt, Video (Link)
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